Anlässlich der Sitzung des Gemeinderates am 10. Dezember 2019 habe ich den Haushalt 2020 eingebracht:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Haushalt 2020 ist eine positive Zäsur in der kommunalen Finanzpolitik der Gemeinde Roetgen. Nachdem mit dem Jahresabschluss 2018 der Haushaltausgleich im Ist nahezu erreicht wurde (-27.232 €) weist der Haushalt für 2020 nunmehr eine schwarze Null im Plan aus. Dies ist der erste ausgeglichene Haushalt der Gemeinde Roetgen seit 2008.
Von nun an ist es in jedem Jahr die Zielsetzung, den Haushaltsausgleich zu erreichen. Wird ein Überschuss erzielt, dient dieser anteilig und aufgrund entsprechender rechtlicher Verpflichtung zum Ausgleich der Verluste der vergangenen Jahre in der Allgemeinen Rücklage und wird darüber hinaus in eine Ausgleichsrücklage überführt.
Die Ausgleichsrücklage steht sodann für den Haushaltsausgleich in Folgejahren zur Verfügung. Und es obliegt dann der Kommunalpolitik zu entscheiden, ob Grund- und Gewerbesteuern wieder gesenkt, die Mittel zum Erhalt unserer kommunalen Infrastruktur (Straßen, Kanäle und Gebäude), zur Förderung unseres Gemeinwesens, der Verbesserung von Jugend- und Seniorenarbeit oder anderer sozialer Zwecke eingesetzt werden.
Ich werde mich dafür einsetzen, dass hier ein gesunder Mittelweg gefunden wird. In jedem Fall sind wir nun auf dem allerbesten Wege, unsere Handlungsfreiheit als Gemeinde wiederzuerlangen.
Bis dahin müssen wir noch das Haushaltssicherungskonzept, das uns seit 2013 Fesseln auferlegt, zu einem positiven Ende bringen. Dies wird planmäßig 2022 der Fall sein. Ab 2023 sind wir dann wirklich frei.
Im Rahmen des HSK haben wir trotz der uns auferlegten Fesseln immer versucht, der notwendigen Weiterentwicklung der Gemeinde gerecht zu werden. Maßgebliche Punkte der vergangenen Jahre, die teilweise auch noch aktuell in der Umsetzung sind, waren, um nur einige Beispiele zu nennen:
- die Ausarbeitung der Strategie der Gemeinde Roetgen,
- der Glasfaserausbau,
- das Gutachten zur Ortsentwicklung,
- zahlreiche darauf basierende Bebauungspläne,
- die Vorbereitung des zukünftigen Baugebiets Grepp II,
- die Umsetzung der Projekte im Rahmen von „Gute Schule 2020“, zuletzt insbesondere die Medienausstattung des Bürgersaals,
- die Begründung des ZWAR-Netzwerkes,
- die Initiierung eines Jugendbeirats,
- die Bewältigung der Flüchtlingskrise,
- die angemessene Würdigung der 75. Jahrestages der Befreiung
und Vieles mehr.
Dies
alles haben wir – häufig mit großen Mehrheiten, manchmal auch mit knappen
Mehrheiten – auf den Weg gebracht und mit guter Arbeit in der Verwaltung umgesetzt.
Und auch im Jahre 2020 haben wir Einiges vor:
- das Dorfinnenentwicklungskonzept, mit dem wir in einem partizipativen Prozess die Weichen für eine bessere Lebens- und Aufenthaltsqualität in unserem Ortszentrum stellen,
- die Umsetzung des städtebaulichen Wettbewerbs für das Erschließungsgebiet Grepp II,
- endlich weitere Schritte zur Erweiterung des Gewerbegebietes,
- die Neugestaltung unseres Schulhofes und die Neubeschaffung der IT-Ausstattung unserer Schule,
- die Digitalisierung der Ratsarbeit,
- die Einführung der „Digitalen Akte“,
- die Planung von #youthunited, unserem Platz für Jugendliche,
- die weitere Prüfung einer Kooperation der Bauhöfe von Roetgen, Simmerath und Hürtgenwald und
- ein neues Mannschaftstransportfahrzeug für die Freiwillige Feuerwehr.
Außerdem stehen für die Folgejahre z. B. der Neubau mit Errichtung einer Ampelanlage an der Kreuzung Bundesstraße/Rosentalstraße, eine neue Schutzbekleidung für die Freiwillige Feuerwehr und die Vereinsheimförderung auf dem Plan.
Aufgrund des HSK sind aber auch wichtige Dinge liegen geblieben und wurden nicht oder nur unzureichend gemacht. Hier möchte ich vor allem die Sanierung unserer Straßen und Wege, die Lösung der Probleme in unserem Kanalsystem und die bessere Förderung unserer Vereine nennen.
Die genannte Ampelanlage ist übrigens der Grund, warum ich für das Jahr 2021 aktuell mit einem Fehlbetrag im Haushalt plane. Hintergrund ist, dass wir für die Maßnahme einen Investitionszuschuss gewähren müssen, den wir selbst nicht als Investition verbuchen können. Dies ist jedoch ein Einmaleffekt, den es positiv wie negativ immer wieder in einzelnen Haushaltsjahren geben kann. Im Zuge der Feinplanung der Baumaßnahme, die in 2020 erfolgt, werden wir auch die Abgrenzung zwischen Zuschuss und Investition bewerten und eine Reduzierung des Zuschussbedarfes anstreben.
Die im Haushaltssicherungskonzept ursprünglich bis 2022 vorgesehene Erhöhung der Grundsteuer B auf einen Hebesatz von 750 Punkten ist nach aktueller Planung nicht mehr erforderlich. Hier wird deutlich, dass wir mit unserem Haushaltssicherungskonzept erfolgreich unterwegs sind und „vor“ dem Plan liegen.
Die für 2020 vorgeschlagene Grundsteuererhöhung um 6,45 % auf 660 Punkte ist vielmehr die letzte Grundsteuererhöhung, die ich im Haushaltssicherungskonzept einplane. Unter Berücksichtigung der Entwicklung der Arbeitnehmerentgelte, ist dies eine reale Erhöhung um 2,43 %, seit 2015 hat sich die Grundsteuer B real um 1,89 % erhöht.
Die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes um 3,92 % auf 530 Punkte hält sich ebenfalls in einem verantwortbaren Rahmen.
Es sollte uns aber klar sein, dass dieser Hebesatz der höchste Hebesatz in der StädteRegion ist und sobald wie möglich zurückgeführt werden sollte. Im Hinblick auf die für 2021 noch vorgesehene Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes um weitere 10 Punkte, setze ich mich für einen Verzicht auf diese erneute Erhöhung im Zuge der Haushaltsberatungen ein.
Ebenfalls im Rahmen der Haushaltsberatungen müssen wir noch unseren Ergebnisplan für 2022 und 2023 anpassen.
Mein Vorschlag ist, durch eine Verschiebung der Maßnahmen „Neuer Schwingboden Turnhalle“ von 2022 auf 2023, „Außentoilette Turnhalle“ von 2022 auf 2024 und der weiteren Erhöhung der Mittel für die Straßenunterhaltung um 50.000 € von 2023 auf 2024 den Weg für einen planmäßig ausgeglichenen Haushalt in den Jahren 2022 und 2023 zu ebnen.
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Ist-Ergebnisse regelmäßig besser waren als der Plan. Wenn das so bleibt – und dies ist vor Allem abhängig von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung – dann haben wir auch die Möglichkeit, diese Maßnahmen wieder entsprechend vorzuziehen.
Alternative Vorschläge für 2022 und 2023 sind im Rahmen der Haushaltsberatungen herzlich Willkommen.
Ohne das Tornadoereignis mit den entsprechenden Folgekosten (Abgesehen von der enormen Rückstellung i. H. v. 590.000 €, die wir für 2019 bilden, verschlechtert sich das Planergebnis unseres Gemeindewaldes in 2020 um 155.000 €!), ohne die unerwartet hohen ÖPNV-Umlagen (Hier gibt es eine Erhöhung der Umlage um 94.000 €, weswegen wir gegenüber der StädteRegion hierzu auch unser Benehmen NICHT erteilt haben!) und mit einer angemessenen Kostenbeteiligung des Landes im Hinblick auf die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen (Hier gibt es ein Delta i. H. v. 106.000 € zur bisherigen Planung für 2020!), hätte ich den ausgeglichenen Haushalt für 2020 heute übrigens ohne Steuererhöhung eingebracht.
Die drei Bereiche Wald, ÖPNV-Umlage und Kostenbeteiligung Integration summieren sich auf zusätzliche Ausgaben bzw. fehlende Einnahmen in Höhe von 355.000 €.
Die Steuererhöhung für 2020 erhöht die Einnahmen um 282.000 €.
Ich möchte keinen falschen Zungenschlag hineinbringen: Die finanzielle Perspektive der Gemeinde ist trotzdem insgesamt positiv, bleibt aber eine dauerhafte Herausforderung:
Wir haben die geringsten Ausgaben pro Einwohner in der StädteRegion und zugleich aufgrund der hohen Steuerkraft die höchsten Städteregionsumlagen zu entrichten. Für die Gemeinde selbst verbleibt somit wenig – schon deshalb sind wir die kosteneffizienteste Verwaltung in der StädteRegion.
Diese Kosteneffizienz hat allerdings ihre Grenzen. Diese liegen in der Attraktivität der Gemeinde Roetgen als Arbeitgeber.
Die letzten Jahre waren für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung von ständiger Überlastung bei zugleich vergleichsweise bescheidener Bezahlung geprägt – dies gilt insbesondere, wenn man sich die hoch bezahlten Behörden Stadt Aachen und StädteRegion Aachen in direkter Konkurrenz um die begabtesten Fachkräfte vor Augen führt. Wir haben wichtige Aufgaben zu erledigen, wenn es darum geht, die Gemeindeverwaltung als Arbeitgeber wieder attraktiver zu machen, denn das HSK hat in der Mitarbeiterschaft Spuren hinterlassen.
Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür bedanken, dass sie den Weg der Konsolidierung unseres Haushaltes durch ihre Arbeitskraft, durch Überstunden und durch ihr großes Engagement mitgehen. Meine Bitte an den Rat der Gemeinde ist, dies ebenfalls anzuerkennen und deutlicher als bisher zu würdigen.
Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich ehrenamtlich zum Wohle unserer Gemeinde engagieren. Wir haben in Roetgen inzwischen eine einzigartig gute Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt. Viele Leistungen werden ehrenamtlich erbracht, für die in größeren Kommunen hauptamtliches Personal eingesetzt wird. Das ist großartig und verdient unsere Anerkennung. Es macht Spaß, sich in so einer Gemeinde politisch zu engagieren. Ich denke, das gilt für uns alle.
Zurück zu den Finanzen, denn wir haben trotz der hohen Steuerkraft die geringsten Einnahmen pro Einwohner in der StädteRegion: Wir haben keine Schlüsselzuweisungen vom Land, keine Einnahmen aus Windkraft, kaum wirtschaftliche Betätigung und keine Tourismusabgaben. Folglich müssen wir nahezu alle Ausgaben aus eigenen Steuereinnahmen decken.
Also ist es nur folgerichtig, dass wir die Entwicklung der Städteregionsumlagen weiterhin kritisch beobachten. Und wir haben weiterhin ein hohes Interesse an einer guten wirtschaftlichen Entwicklung in Roetgen. Der wirtschaftliche Erfolg und damit die Steuerkraft der hier lebenden Menschen und der hier ansässigen Unternehmen ist für die Finanzlage der Gemeinde Roetgen essenziell.
Da wir nicht mit niedrigen Steuern aufwarten können, müssen wir mit Lebensqualität und Standortvorteilen punkten. Zugleich müssen wir die Verwaltung in die Lage versetzen, die Effizienz ihrer Arbeit durch Digitalisierung und Prozessmanagement zu optimieren.
Und wir müssen weiterhin die gute Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamt pflegen, da wir nur so die Leistungsfähigkeit unsererseits Gemeinwesens im Interesse der Allgemeinheit ausschöpfen.
Ich empfehle der Roetgener Politik in den nächsten Jahren, aber auch in den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen, dringend, die Prioritäten entsprechend zu setzen.